Buchbesprechung: Sind Sie noch Katze oder schon Hund? von Hagen Seibt

Buchbesprechung von Hagen Seibt – Leiter des Arbeitskreises Hochbegabte/Potenziale im BDP e. V.

„Ein nicht erkannter Hochbegabter fühlt sich ähnlich wie ein Hund, der als Katze aufwächst“, so die Autorin, die selbst erst mit 38 Jahren von ihrer Hochbegabung erfuhr,über (zu) spät erkannte Hochbegabte. Sie beschreibt ihre eigenen Reaktionen auf das Testergebnis als ein Chaos von Überraschung, Euphorie, Aggression und Trauer. „Ich lebte Jahrzehnte ein falsches Leben“ und auch jetzt, nach dem Testergebnis,fehlt mir „eine Bedienungsanleitung für das Leben“. Aber sie kämpft sich mühsam vorwärts, nach dieser Stunde Null.Sie nimmt Hilfe in Anspruch. Sie gräbt verschüttete Kindheitsträume wieder aus. Sie erkennt, dass sie lernen muss zu lernen. Sie muss auch den Unterschied zwischen frustrierenden Über-/Unterforderungen und beglückenden Herausforderungen erst lernen.

Ein Teil ihres Selbsthilfeprogramms: Sie macht sich umfassend schlau, sie liest alles, was ihr zum Themenkomplex Hochbegabung–Motivation–Leistung in die Finger kommt. Und dieses geballte Wissen schreibt sie – neben ihrer eigenen Geschichte – in diesem Buch nieder, nicht als quasi-wissenschaftliche Abhandlung, sondern als Botschaft: damit andere hochbegabte Erwachsene „sich ernst nehmen“ und zu „innerer Stärke“ gelangen können.

Die Autorin beschreibt nicht nur, sie analysiert, hinterfragt, begründet, wertet, nimmt Stellung – immer aus dem Blickwinkel einer Betroffenen. Dabei kommen auch Themen zur Sprache, die man nicht so ohne weiteres im Zusammenhang mit Hochbegabung erwartet: „Wie kann unser Hund unter Katzen authentisch leben?“ „Können Hochbegabte einen gesunden Narzissmus entwickeln?“

Vor allem aber appelliert sie an den Mut und die Ressourcen spät entdeckter Hochbegabter, nicht in gelernter Hilflosigkeit zu versinken, sondern gezielt aktiv zu werden. Sie beschreibt ihre eigenen Strategien und Fehlschläge, sie macht Vorschläge, warnt, gibt Ratschläge: „Sollten Sie zu den gefühlten Minderleistern gehören, probieren Sie Folgendes…“; „Stellen Sie sich die Frage…“; „Überlegen Sie…“; „Machen Sie sich bewusst, was Sie möchten, fühlen, denken“.

Fazit des sehr engagierten, sehr persönlichen Buches: Es gibt nur gut zwei Prozent Hochbegabte, deshalb kann die gesellschaftliche Norm, also das, was man tut/denkt/fühlt, nicht passen. So ist es und es ist nicht zu ändern. Finde also deinen eigenen Weg!

Wer selbst hochbegabt ist oder meint es zu sein, sollte dieses Buch unbedingt lesen.Und wer zudem bereit ist für Sendungsbewusstsein und Ratschläge, für den stellt das Buch zweifellos eine Bereicherung dar – und sei es, um in der Auseinandersetzung seinen eigenen Wert und Weg abzusichern.

Buchbesprechung von Hagen Seibt [Leiter des Arbeitskreises Hochbegabte/Potenziale im BDP e.V.]

 

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